DAS LEBEN DER ANDEREN #15 – Paartherapeutin Daniela Bernhardt

© Anja Knauer

Daniela Bernhardt öffnet die Tür und sagt “Herein”. Sie sieht ein bisschen aus wie eine Zahnärztin aus der Fernsehwerbung, die weiß, warum man diese und nicht jene Zahnbürste haben muss und vieles mehr. Ihr Lächeln schenkt Vertrauen, ihr fester Händedruck gibt einem das Gefühl, dass Probleme da sind, um sie zu lösen. Über einen hellen Flur geht es in ihr Büro. Vor ihrem Schreibtisch stehen zwei Stühle, auf dem Tisch eine getöpferte Kröte, Kekse, Gummibärchen und ein kleiner Kasten voller Taschentücher.

Ja, geheult würde hier auch viel, aber lachen sei ihr wichtiger. Frau Bernhardts Ansatz ist praktisch und zielgerichtet und er hat nichts mit dem "endlosen Herumwühlen in der Vergangenheit" zu tun: "Vergangenheit haben alle, wenn ich da suche, dann kommen wir zu dem Schluss, dass die Eltern Schuld sind, und das bringt dann nichts."

Bevor sie eine Coaching-Ausbildung machte und Paartherapeutin wurde, arbeite Frau Bernhardt lange als Physiotherapeutin und Osteopathin. Mit der herkömmlichen Psychotherapie hält sie es wie Eckhardt von Hirschhausen: "Wenn du ein Pinguin bist und du findest dich plötzlich in der Wüste wieder, dann fragt die Psychotherapie: 'Wie bist du denn da bloß hingekommen?' Wobei die eigentliche Frage doch ist: Wie komme ich hier weg?" Frau Bernhardt lacht. Das tut sie oft. Humor findet sie essentiell, bei all den ernsten Themen mit denen sie hier an diesem Tisch zu tun hat.

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Ihrer Einschätzung und Erfahrung nach ist das größte und häufigste Problem einer Beziehung heute, dass sie sehr oft aus zwei Singles besteht. Viel zu selten gäbe es ein echtes Wir-Gefühl und eine Bereitschaft, auch etwas für den Partner zu tun und etwas für den Partner zu lassen. Darüber hinaus wäre da häufig der unbedingte Wunsch des Einzelnen, unabhängig zu bleiben. Frau Bernhardt ist sich sicher, dass man in einer guten Beziehung emotionale Abhängigkeit zulassen muss und dass es ein starkes Bewusstsein für die Notwendigkeit braucht, sich auf den Anderen einzustellen. Natürlich habe das auch Grenzen, alles müsse im Rahmen und einigermaßen gleichberechtigt bleiben. "Märtyrertum ist jetzt auch nicht so erotisch!"

Frau Bernhardt spricht gerne in Bildern. Die Liebe sei wie eine Firmengründung mit zwei gleichberechtigten Geschäftspartner. Solange beide Profit aus der Firma ziehen, seien beide glücklich. Damit die Firma gut läuft, müssten beide investieren, mit Engagement, mit Naturalien und mit Zeit. Und genau wie bei einer Firma müsse man auch auf Veränderungen reagieren, "auf Marktanalyse und Anfragen zum Beispiel", sagt sie. Obwohl man das hier an diesem Tisch eigentlich nicht sagen darf: "man". Sie zeigt auf die Porzellan-Kröte, da muss Geld reinwerfen, wer nicht "ich" sagen kann.

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Bevor man zum Standesamt geht, empfiehlt Frau Bernhardt noch einmal ganz genau hinzugucken. "Frauen heiraten Männer in der Hoffnung, er würde sich ändern. Tut er aber nicht. Männer heiraten Frauen in der Hoffnung, sie möge so bleiben, wie sie ist. Tut sie aber nicht." Insgesamt wundert sich Frau Bernhardt, wie oft in vielen Ehen das Sexleben auf der Strecke bleibt. Sie frage dann manchmal "ganz?" und dann würde oft genickt. Wenn sie dann noch frage "Wie lange schon?", käme manchmal so eine Antwort wie "5 Jahre".

Sind sie gerade verliebt? Frau Bernhardt muss nicht lange überlegen. Ja, sie sei verliebt. In ihren Mann, seit sechs Jahren und immer wieder aufs Neue. Lange bevor sie Paartherapeutin wurde, war sie schon einmal verheiratet – und hat sich scheiden lassen. Ihrem damaligen Mann war eine Paartherapie irgendwie suspekt, so wie den meisten Männern, die heute von ihren Frauen in ihre Praxis geschleppt würden. "Wenn ein Therapeut dafür 'ne Lösung hätte, dann hätte ich die längst selbst gefunden", hätte mal einer dieser Männer in ihrem Büro gesagt. So einfach sei das aber eben nicht. Oder doch?

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Frau Bernhardt erzählt von einem Fall, bei dem sich ihr Klient einen großen Fehltritt geleistet hatte. Sie empfahl ihm, seine Frau doch einfach mal zu fragen, ob ihr da vielleicht etwas einfallen würde, wie er das wiedergutmachen könnte. Der Mann hätte mutlos gesagt: "Ach, das kann ich doch sowieso nie wieder gut machen", aber Frau Bernhardt sagte: "Fragen sie ihre Frau doch einfach mal, sie sitzt doch direkt neben ihnen!” Also hätte der Mann gefragt: "Schatz, gibt es da irgendetwas, womit ich mich bei dir entschuldigen könnte?" Und da hätte die Frau plötzlich begonnen zu strahlen, sie hätte die Augen verdreht und gesagt: "Chanel Handtasche".

Tatsächlich? Und damit war das Problem dann erledigt? Frau Bernhardt nickt: "Ja, wir sind hier ja am Ku'damm."

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Vielen Dank an Frau Bernhardt für das Interview!
Beim letzten Mal hat sich unsere Autorin mit Crossfitter Felix getroffen. Alle Beiträge über “Das Leben der Anderen” findet ihr hier.

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