ABENDBROT MIT AIDA #21 – Burrito Baby in Neukölln

© Aida Baghernejad

Ich mag Zufälle im Leben: Eigentlich sollte hier von einem kleinen türkischen Imbiss erzählt werden, in den ich mich verliebt hatte. Aber leider wollte er nicht von mir vorgestellt werden, Kameras und freundliche Presse mochten die Betreiber nicht sehr. Da saß ich mit Fotografin Maria und wusste nicht weiter – bis sie eine Lösung aus dem Hut zauberte: Ihr Ex-Kollege Leander habe keine Lust mehr auf seinen Bürojob gehabt und arbeite in einem neuen Neuköllner Geheimtipp. Davon gibt es zwar jede Woche einen neuen, aber ich war neugierig und auch ein bisschen verzweifelt. Und so kamen wir zu »Burrito Baby«.

Der kleine Laden im schönen Kreuzkölln, Pflügerstraße Ecke Friedelstraße, in der Nähe meines Favoriten »Jimmy Woo«, verspricht »mexican street food, just a little slower«. Es gibt hauptsächlich – wer hätte es geahnt! – Burritos, Quesadillas und Tacos. Die kennen wir schon vom Dolores bei uns um die Ecke, aber hier ist alles nochmal einen Tacken authentischer: Die Burritos sind nicht länglich, sondern eher fast quadratisch, vollgestopft und kommen auf zwei Bögen Packpapier daher, in das man sie selbst einschlagen muss. Dazu noch eine scharfe Salsa und ein Limettenschnitz, fertig ist das Glück. Leander empfahl »Scharfe Mama«, die gefüllt war mit so ziemlich allem, was die Küche so hergab. Nichts für Diätjünger: Fladenbrot und Reis und Pinto Beans und Sojageschnetzeltes und Jalapeños und hausgemachte Salsa und Salat und... alles. Dabei frisch und knackig, lecker und würzig. Die dazugereichte »salsa muy picante« kann man allerdings auch frohen Mutes weniger scharfgewöhnten Zeitgenossen empfehlen. Aber egal wie gut ein Burrito ist, auch auf Quesadillas kann ich nicht verzichten: Hier zog mir der simpel »Nr4« genannte magisch an: Gebratenes Gemüse, frischer Spinat, rote Zwiebeln und Frischkäse, mit hausgemachter Salsa und Guacamole zum Tunken. Ungewöhnlich, aber sehr empfehlenswert.

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Überhaupt, »hausgemacht« ist ein gutes Stichwort: Restaurantchefin Eliza macht wirklich alles selbst, »sogar der Käse wird handgerieben«, lacht sie. Die Australierin hat das Abenteuer »Burrito Baby« mit ihrem deutschen Mann gewagt, von Einrichtung bis zur Salsa ist alles mit Liebe und den eigenen Händen gemacht. Anfang November feierte der kleine Laden Eröffnung, etwas karg und simpel mag er wirken, aber nicht ungemütlich. Was vielleicht auch an Elizas breitem Lächeln liegt, das mich gleich willkommen fühlen lässt. Wie kommen aber eine Australierin und ein Deutscher dazu, ein Restaurant mit mexikanischer Straßenküche zu eröffnen? »Ich war lange in Kalifornien und in Guatemala, da habe ich mich in die lateinamerikanische Küche verliebt. Und ganz ehrlich, wer mag keine Burritos?«.

Ganz ehrlich: Keiner. Allerdings sollte man vor lauter Burrito-Liebe nicht die Tacos außer Acht lassen. Stilechte weiche Maismehl-Minifladen, gefüllt mit Guacamole, Pinto de Gallo-Salsa, Bohnen und saurer Sahne – schwierig zu essen, aber oh so fresh! Diese Menge an Essen braucht aber auch eine Menge Flüssigkeit zum runterspülen. In meinem Fall probierte ich natürlich gleich beide hausgemachten Getränke: Der Limetteneistee kommt frisch und nicht zu süß daher, aber recht ungewöhnlich und auch absolut lecker ist der »Rose de Jamaica«-Eistee. Hinter dem exotischen Namen verbirgt sich Hibiskustee, den man sonst eigentlich aus Schullandheimen kannte. Kalt mit Limetten auf einem Tischchen auf neuköllner Bürgersteigen im Sommer schmeckt er allerdings um Längen besser als damals in Ernsthofen auf Klassenfahrt.

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Was man fast nicht merkt: Der Laden ist komplett vegetarisch, viele Speisen sogar vegan, aber das wird hier gar nicht mit erhobenem Zeigefinger thematisiert, es steht noch nicht mal explizit auf der Karte. Eliza lebt selbst seit vielen Jahren vegetarisch, doch ihrem Mann, der selbst passionierter Fleischesser ist, war es wichtig, den Laden nicht von vorneherein in eine bestimmte Schublade zu stecken: »Ich esse einfach kein Fleisch, weil ich es nicht mag. Aber der Laden ist nicht dezidiert vegetarisch, ich koche hier einfach, was ich auch für meine Freunde gerne koche.« Das finde ich absolut sympathisch, denn vegetarische/vegane Restaurants und Imbisse in Berlin neigen ja bisweilen auch zu etwas missionarischem Verhalten und Postern der Tierbefreiungsfront an den Wänden. Hier nicht. Zwar müssen Kenner auf Mole-Chicken, Carnitas und Adobo-Beef verzichten, »aber mein Mann empfiehlt Gästen dann Alternativen, die auch Fleischesser zufrieden stellen!«

Aber weder Limonade in Strömen, noch Neugierde, noch Sympathie, nichts konnte etwas daran ändern, dass ich irgendwann kapitulieren musste. Trotz bestem Willen konnte ich einfach nicht mehr die Süßspeisen probieren, so hübsch sie auch auf der Theke auf mich warteten. Keine Chance. Allein deswegen muss ich dem kleinen, niedlichen Laden und seinen stolzen Besitzern wieder einen Besuch abstatten.

Burrito Baby: Pflügerstr. 11, Neukölln | Tel.: 030 33851520 | Di – Do, Sa: 13 – 22h, Fr: 17 – 22h, So: 15 – 21h | Auch zum Mitnehmen

Maria Siedlaczek arbeitet bei Kitchensurfing und isst daher nicht nur gerne, sondern auch beruflich. Wenn sie das gerade nicht tut, fotografiert sie Konfetti, Menschen und Törtchen. Und wer bis zum nächsten Abendbrot noch mehr mit mir futtern möchte, meine Improkitchen freut sich auf Besuch.

 

 

 

 

 

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