5 Menschen, 5 Orte #3 – Schnaps

Anhand von fünf Menschen, die in Berlin leben, stellen wir euch ab und an fünf besondere Orte, Plätze oder auch deren Lieblingsirgendwas vor. Nachdem wir letztes Mal über Nahrhaftes geredet haben, kommt heute die Dekoration dazu: Schnaps. Die Qualität schwankt stark, dabei muss man immer wissen, welcher am besten hilft, knallt oder sein muss. Heute empfehlen Martina Hoffmann, Julia Stark, Gilbert Bachour, Mario Lombardo und Dirk Peitz.

1 – Martina Hoffmann & der Pisco Sour im Rias

Martina

"Den Sommer über habe ich mich mit einem Freund – auf der Suche nach einem guten Whiskey Sour – durch die Bars Kreuzbergs getestet. Mit dem Rias in der Manteuffelstraße habe ich meinen Lieblingsort gefunden. Die Atmosphäre im Rias ist unaufdringlich elegant und lässig zugleich. Dunkle, roh verputzte Wände, geometrische Formen, sanftes Licht, Jazz und Swing im Hintergrund und eine große, lang gestreckte Bar, hinter der stilvoll gekleidete Barmänner hervorragende Drinks mixen. Der Whiskey Sour ist hier wirklich gut. Auch probeweise gekostete Gin Tonics, Pimm's und White Russians waren super. Meine Empfehlung ist jedoch der Pisco Sour, ein Sour aus Pisco (einem Traubenbrand aus Peru oder Chile, beide Länder streiten um den Urspung der Spirituose), Limejuice, Zuckersirup, Eiklar und einem Spritzer Angosturo. Er schmeckt frisch und leicht fruchtig, und je nach Tagesform (und Gesprächspartner) schafft man locker zwei, drei Sours, ohne am nächsten Tag völlig zerstört am Schreibtisch zu sitzen. Nur die Frage, was mit den Eigelben passiert, die nicht im Getränk landen, konnte ich bei meinem letzten Besuch im Rias nicht abschließend beantworten. Und: Wer nicht gerne Schnapps trinkt, kann sich auch einfach die Hände in dem tollen Waschbecken waschen. Allein dafür lohnt sich schon ein Besuch im Rias."

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Martina ist Illustratorin und macht bei Bitteschön TV, dass sich Sachen bewegen. Zum Rias bewegt ihr euch am besten, indem ihr in die Manteuffelstraße 100 nach Kreuzberg fahrt.

2 – Julia Stark & der Sloe Gin in der Minibar

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"Schnaps ist gleich Minibar. Minibar ist gleich Schnaps. Ein kleiner verrauchter Raum gefüllt mit allerlei Menschen und köstlichen Flüssigkeiten. Sitzt man einmal an der Bar, steht man selten schnell wieder auf, trinkt sich durch die nicht vorhandene Karte und trifft sich mit Fremden. Mein Getränk ist Sloe Gin und dazu ein Hemmingway Sour Shot. Also wenn nicht mein Tresen, dann bitte dieser."

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Julia ist die Besitzerin vom List in Neukölln. Dort steht sie hinterm Tresen und hat den Hut auf. Wenn sie mal nicht hinterm Tresen steht, tanzt sie vielleicht gerade daneben zu der von ihr formidabel ausgesuchten Musik oder schmiert die leckersten Brote des ganzen Bezirks. Die Minibar befindet sich in der Graefestraße 77 in Kreuzberg.

3 – Gilbert Bachour & Gin im List

Gilbert

"Ich gehe gerne ins List bei mir um die Ecke in der Weichselstrasse in Neukölln. Tagsüber schaue ich kurz bei Julia (Anm. der Redaktion: siehe oben) vorbei, um mit ihr einen Espresso zu kicken und nebenbei eine mit aller Liebe zubereitete Stulle mit Leberwurst, Äpfeln und Rote Beete einzuatmen. Abends trinke ich Espresso und Gin Tonic. Die Auswahl ist fein. Ich entscheide mich meistens für den vorzüglichen Monkey Gin. Dieser Laden ist 'ne Bank. Gesetzt auf meine Tiptop 10 Liste in Berlin."

List

Wenn Gilbert nicht gerade mit einer Kamera durch die Gegend läuft und tolle Bilder macht, arbeitet er als freier Markenberater. Das List arbeitet für sich selbst und zwar in der Weichselstraße 66 in Neukölln. Die Geschäftsführerin hat ihre Lieblingsbar auf Platz 2 dieser Liste hier empfohlen.

4 – Mario Lombardo & Wodka im alten Europa

Mario Lombardo

"Nachdem ich vor einigen Jahren von Grappa den furchtbarsten und hartnäckigsten Kater meines Lebens hatte (so einen, bei dem man schwört und bettelt und weint), lasse ich weitesgehend die Finger von dem Teufelszeug, zumindest was ganze Flaschen angeht. Und bin auf Wodka umgestiegen. Der soll ja auch noch gesund sein. Der macht mir Spaß und ich vertrage ihn erstaunlich gut. Bin von schlimmen Hang-over-ich-komm-nicht-aus-dem-Bett-Tagen verschont geblieben. Bis jetzt bin ich auch nur in Moskau von zwei russischen Mädchen unter den Tisch gesoffen worden, das finde ich eine recht gute Quote. Überall anders auf der Welt schaffe ich die Frauen. In Berlin trinke ich am liebsten gleich um die Ecke im Alten Europa bei meinem Jugend-Skaterfreund und Kellner Janos."

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Mario Lombardo macht, dass Sachen und Dinge gut aussehen. Vornehmlich in seinem eigenen Büro. Das alte Europa hingegen steht einfach da und wartet auf euch in der Gipsstraße 11 in Berlin-Mitte.

5 – Dirk Peitz & Whisky in einer geheimen Bar

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"Das Whiskey-Konzept geht ja so: Wenn man als Mann ein gewisses Alter erreicht hat, fängt man mit dem Whisky-Trinken an. Die Idee eines „gewissen Alters“ aber ist allein schon derart trostlos, dass man eher freiwillig zum Rotweinsäufer würde. Und Rotweinsäufer, das will man doch ernsthaft auch nicht sein, vom Rotweinsaufen bekommt man in meiner Vorstellung bloß eine runzlige Nase und triste Gedanken. Der Whisky hat mich dann aber doch gekriegt, und mein bester Freund ist schuld daran. Weil er mir die erste Whisky-Flasche meines Lebens geschenkt hat. Schottischen Single Malt, klar. Der Deal war, wenn ich mich recht entsinne: Wir trinken die Flasche zusammen aus, Glas um Glas, Abend um Abend, zu zweit bei einem von uns zu Hause, und wir sprechen währenddessen über die wichtigen Dinge des Lebens. Also in erster Linie über die Liebe, und dann vielleicht noch über nachrangige Sachen wie: Zukunft, Weltuntergang, Zeugs halt. Die erste Flasche war dann schon nach dem ersten Abend leer, also kaufte ich die nächste, und bevor wir uns versahen, waren wir Whisky-Trinker.

Die Sache mit dem gewissen Alter übertranken wir einfach. Ohne Eis, klar. Zwischenzeitlich ist mein bester Freund noch mal Vater geworden, deswegen sehen wir uns nicht mehr so häufig. Und wenn, dann in einer speziellen Bar in Berlin-Mitte, mein bester Freund muss ja auch mal raus. Es ist die beste Bar der Stadt, ganz bestimmt, aber nicht weil die Drinks dort besonders toll wären. Sondern weil die richtigen Leute da sind, im richtigen Raum (jeder kann jeden sehen an der quadratischen Theke, und jeder kann raus- und reinsehen durch die großen Fenster). Und es läuft die richtige Musik. Solche, die sentimental macht. Zumindest mich: Steely Dan, Prefab Sprout, Style Council. Wer schon mal in der Bar war, weiß spätestens jetzt, welche ich meine. Den Namen kann ich nicht verraten, ich bin sicher, der sehr spezielle Besitzer würde mir sonst sofort Hausverbot erteilen. Er hat Leute schon wegen geringerer Sachen für immer rausgeschmissen, zum Beispiel wegen der arglosen Frage: „Legst du eigentlich auch mal andere Musik auf?“ Die Auswahl der Whiskys in der Bar ist nicht besonders ausgesucht, und das mag ich auch – wenn ich schon zum Whisky-Trinker geworden bin, will ich bitte nicht auch noch zum Whisky-Experten werden.

Es gibt Lagavulin in der Bar, der schmeckt mir. Wenn mein bester Freund und ich in der Bar genug Bier oder Gin Tonic getrunken haben und die Nacht uns groß genug erscheint, bedeutend gar, wenn wir also ein bisschen übermütig werden, dann bestellen wir nun immer zwei Gläser Lagavulin. Zu dem Zeitpunkt wissen wir längst nicht mehr, was Von-Mann-zu-Mann-Reden sein soll, doch auch nüchtern wüssten wir es nicht. Wir reden halt, und es ist gut. Und wenn unsere beiden Whisky-Gläser dann leer sind, dann ist auch die größte Nacht sofort vorbei. Dann laufen wir jeder für sich zurück in seine jeweilige Wohnung, zurück in sein jeweiliges Leben. Von mir aus kann das einfach immer so weitergehen. Keine Ahnung, ob alles ohne die erste Whisky-Flasche genauso gekommen wäre. Nun ist es so, und es ist gut."

Wie man sieht und liest, schreibt Dirk Peitz gern und viel für verschiedene Zeitungen und Magazine, vor allem auf dem Sofa. Außerdem steht er gern früh auf. Den Rest erzählt er euch demnächst bestimmt beim Spaziergang. Ein Bild von der Bar gibt es natürlich nicht, da muss euch Herr Peitz schon persönlich hinbringen.

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Alle Folgen von "5 Menschen, 5 Orte" findet ihr hier. Das letzte Mal ging es um Brot.

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