40 DAYS OF EATING #35 – Brotzeit im List

© Mit Vergnügen

Maria und Sophia werden heute an einen Tisch mit vielen anderen Menschen sowie Ur-Karotten, selbstgemachter Leberwurst und Moscow Mule gesetzt. Wie sie sich in dieser intimen Runde schlagen, ob dabei Teller zu Bruch gehen und wer am Ende in der Torte landet, erfahrt ihr hier.


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Maria, erzähl uns von deinem Tag.

Die Angst anzumoppeln steigt mit jeder Folge, weil ständig Leute fragen "Und? Schon zugenommen?", und ich hoffe auf so richtig schlechtes Essen. Da hab ich die Rechnung leider ohne Mit Vergnügen gemacht, denn Natalias Restaurant-Auswahl war fast durchweg vorzüglich und mein Magen ist dementsprechend trainiert. Bereits um 10 Uhr morgens bekomme ich tierischen Hunger und frühstücke ausgiebig. Kontraproduktiv für die schlanke Linie, voll gut für Wellen am Po. Mist. Wenigstens habe ich jetzt wieder ein Fahrrad, sodass ich pseudomäßig die 500 Meter zum heutigen Hotspot abradeln kann. Komplett knülle komme ich an und als ich mir gerade den Schal vom verschwitzten Gesicht pule, schaue ich auf und muss entsetzt feststellen, dass ich 15 Minuten zu spät bin... zu einem Supper Club. Unzählige Augen starren mich hungrig an und Sophia bemerkt sehr klug: "Du bist zu spät. Alle warten schon auf dich." Ich schäme mich. Verbrennt das eigentlich auch Kalorien?

Wo habt ihr heute gegessen?

Es gibt eine deftige Brotzeit im List in Neukölln (umme Ecke von mir).

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Was hast du bestellt und wie hat das geschmeckt?

Für 17 Euro kann man sich nach vorheriger Anmeldung mit fremden Leuten ein Abendbrot teilen. Man isst von einem Laib, schnippelt gemeinsam am Käse herum und hofft auf die Träne des selbigen, denn die sei besonders gut (Käseträne? Käseträne!). Julia kann das viel besser erklären - sie hat das List nicht nur eigenhändig zusammengeschreinert, nein, sie veranstaltet auch zusammen mit ihrem Boyfriend Lars, dem Leberwurstmann, diesen sogenannten Supper Club. Und es gibt, ja, eben Abendbrot. Am heutigen Abend bestehend aus:

- Sardellen-Kapern-Butter mit frischem Kohlrabi (Wer hätte das gedacht? Drei komplett artfremde Komponenten finden sich zu einer großartigen Gaumenfreude zusammen. Unbedingt probieren.)

- Lars' hausgemachter Leberwurst nach Pfälzer Art mit frischem Apfel und Spreewälder Essiggurke. (Gurki, HIHIHIHI)

- Lars' hausgemachter Bratwurst und Bierwurst mit Senf von Thomas (Bierwurst. Mehr muss ich dazu nicht sagen. BIERWURSTLIEBE.)

- grünem Salat mit Blutorangen, Avocado und geröstetem Sesam (Hier fällt Teilen schwer. Die Hübsche neben mir kann nur schwer die Schüssel aus meinen verkrampften Klauen reißen.)

- Bohnensalat aus drei grünen Bohnenarten (dicke Bohnen, Brechbohnen und Zuckerschoten) mit Fenchel, Fetakäse und Petersilie (Klingt erst mal ungeil, schmeckt aber richtig gut, knackig und frisch.)

- Schwäbischem Kartoffelsalat (Same same wie Bierwurst. KARTOFFELSALATLIEBE.)

- viererlei Rohmilch-Käse von Peppi wie zum Beispiel ein 24 Monate alter Emmentaler (Der Heulkäse!)

- portugiesischem Ziegenkäse mit Walnüssen und Birnen

- Ur-Karotten-Sticks (Von uns liebevoll 'Hipsterkarotte' getauft. Schmeckt nach Möhre.)

- Wildkräutern im Glas (Mümmel)

- Radieschen (Schmeckt nach Radieschen)

- Rote-Beete-Soleier mit Meerrettich (Soleei hatten wir ja schon mal in der KEULE. Schmeckt uns leider nicht so gut, also spielen wir lieber mit ihnen und basteln Brüste.)

- den Brotsorten: Schwabenbrot mit Kümmel, dunkles Krustenbrot und Weißbrot von Sironi (Das Brot hat ja schon anderswo Preise gewonnen und ich muss sagen, dass ich diese Entscheidung als fachkundige Jury nur bestätigen kann.)

- Möhrenkuchen mit Feigen (Ich tunke meine Nase hinein. Danach mein ganzes Gesicht. Mehr muss ich nicht sagen, oder?)

Wie ist der Service dort?

Der Service, bestehend aus Lars, dem Leberwurstmann, und Julia, der Multitalentierten, ist ausgezeichnet. Julia kann nicht nur wunderbar kochen, backen, handwerken und Gerichte aufsagen, sie kann auch hervorragende Moskow Mules mixen (die es hier übrigens allabendlich gibt) - mit einem wirklich sehr großzügigen Verhältnis zugunsten des Wodkas. Hicks.

Was gefällt dir an dem Laden besonders, was nicht?

Die Tische gefallen mir besonders und Julia wird direkt ausgequetscht, wo sie diese erstanden hat. In der Urbanstraße. Muss ich hin. Auch sonst dominiert hier raues Holz und unbehandelte Oberflächen. Gefällt mir gut - vor allem, weil hier nichts zugeramscht und überdekoriert ist. Wieder gibt es eine Toilette für alle, angemessen illustriert.

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Wie würdest du die Menschen im Restaurant beschreiben?

Ich war noch nie auf einem Supper Club (glaube ich). Aber ich mag es. Man sitzt beieinander, die Frau neben mir hat die gleiche Frise und ist mir direkt sympathisch. Das Essen geht durch viele Hände und irgendwie hat es schon was sehr familiäres (deswegen blitzt Lisa mit der kaputten Kamera auch nicht über den ganzen Tisch, da würde sich zudem der Nachwuchs erschrecken, der am anderen Ende des Tisches quasi neugeboren brüllt und in sehr kurzen Abständen gestillt wird). New-Neukölln.

Mit wem würdest du definitiv nicht hierher kommen?

Für intime Gespräche unter vier Augen ist das definitiv der falsche Ort. Weil: Hier gibt's immer ungefähr 17 mal 2 Augen. Auf alles. Für geselliges Miteinander kann man aber am 1. März zur nächsten Brotzeit ruhig kommen. Anmelden kann man sich per Mail an [email protected].

Worüber habt ihr gesprochen?

Über meine Doppel-Zudecke, die seit einem Jahr Single ist. Außerdem übernehmen wir die Familienplanung für Julia und Lars, den Leberwurstmann. Es wird ein Leberwurst-Ei-Baby, das zur Geburt eine Ingwer-Minz-Mütze gestrickt bekommt.

Was hast du Neues über Sophia gelernt?

Sophia mag keine Supper Clubs. Also generell. Denn sie tut ja so gerne so unnahbar. Ist sie aber eigentlich gar nicht. Man muss sich nur in ihre Nähe kämpfen. Wenn man das mal geschafft hat, ist es da auch ganz kuschelig. Vielleicht schnallt sie das dann irgendwann, wenn sie älter ist. 35 oder so. (Oh Gott, FÜNFUNDDREISSIG!)

Das Beste an diesem Essen...

Mir wurde ja gesagt, die Träne des Käses sei das Beste. Ich habe sie nicht erwischt oder gefunden. Vielleicht war ich zu lieb. Seht ihr, ich kann nicht einmal Käse zum Weinen bringen.

Möchtest du noch etwas sagen?

So-so-so müde. Kann mich jemand mit dem Fahrrad anschieben? Schließlich bin ich schon auf dem Tisch eingeschlafen. Zum Glück hat mich die Gesellschaft nicht mit Torte dekoriert.


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Sophia, erzähl uns von deinem Tag.

Heute mache ich mir einen ruhigen Tag und hänge einfach mal ein bisschen ab. Schließlich ist ja auch Wochenende und ich habe einen richtig schönen Kater, der gepflegt und betüdelt werden möchte. Ich hätte ja echt nicht gedacht, dass ich bei 40 DAYS OF EATING so viel saufen muss. Normalerweise bin ich die Spaßbremse, die zum Essen immer eine Flasche Wasser bestellt. Aber die Restaurantbetreiber sind geradezu erbost, wenn wir nichts trinken. Ist das schon Bestechung? Wer weiß. Ich schleppe mich also notdürftig zusammengeflickt zur heutigen Location. Ist ja nicht weit, zum Glück, denn für eine Weltreise nach Friedrichshain wäre ich heute nicht in der Lage.

Wo habt ihr heute gegessen?

Heute wird's intim beim Abendbrot im List.

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Was hast du bestellt und wie hat das geschmeckt?

Es gibt hier ja echt 'ne Menge! Ich esse grünen Salat mit Blutorangen, Avocado und geröstetem Sesam, Bohnensalat aus drei grünen Bohnenarten mit Fenchel, Fetakäse und Petersilie, schwäbischen Kartoffelsalat, einen 24 Monate alten Emmentaler, der es sehr persönlich nimmt, wenn man ihn anschneidet und anfängt zu weinen (der Käse ist so reif, dass er tränt), portugiesischen Ziegenkäse, dicke Gurken (hihi) und sehr gutes Brot. Eine feste Reihenfolge gibt es nicht, ich schaufel einfach alles nach Lust und Laune auf mein Brettchen und in meinen Bauch. Die Salate sind wirklich hammermäßig gut und das Brot auch und der Kartoffelsalat erst und der Käse und und. Meine anfängliche Angst, ich könnte heute nicht satt werden (es gab heute noch nicht so viel zu futtern für mich), bestätigt sich nicht. Lisa empfielt Dehnübungen für den Bauch. Wir beenden das Abendbrot mit einer mehrstöckigen Torte und obwohl ich nicht mehr kann, esse ich ein riesiges Stück auf, denn die ist ja mal sowas von leeeeheeeecker!

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Wie ist der Service dort?

Lars und Julia geben sich mit dieser Veranstaltung wirklich sehr viel Mühe und stecken viel Herzblut in den Laden und den Supper Club. Selten wurde ich so herzlich empfangen, also versteht es sich von selbst, dass ich die beiden sofort mag, einpacken und mit nach Hause nehmen möchte. Mit viel Liebe werden Gerichte und Getränke gereicht und es herrscht sofort eine intime Stimmung, Larsi kommt auch immer wieder an und fragt, ob alles gut ist. Man möchte ihm direkt die Wange tätscheln. Mach ich aber nicht. Hier ist alles selbstgemacht, von der Wanddeko bis zum Kartoffelsalat. Ich schließe die beiden sofort in mein Herz und bekomme zum Abschied sogar Leberwurst geschenkt. Ich traue mich gar nicht zu sagen, dass weder ich noch meine Mitbewohnerin etwas damit anfangen können, nehme aber das kleine Töpfchen brav mit und immer wenn ich in den Kühlschrank blicke, was oft passiert, weil verfressen, denke ich an den lieben Lars und sein Mädchen und ihre Liebe zu gutem Essen und netter Gesellschaft. Hallo Wursti!

Was gefällt dir an dem Laden besonders, was nicht?

Ich komme im List an und bin erstmal verwirrt. Wo bin ich hier gelandet? Da sitzen Menschen an einer großen Tafel und glotzen die Fremde (mich) an. Hier scheinen sich alle zu kennen, sogar eine Kleinfamilie ist am Start. Ich frage mich kurz, ob ich hier nicht doch versehentlich im Prenzlauer Berg gelandet bin. Bin ich nicht, alles gut, das ist hier nur ein so genannter Supper Club. Solche Veranstaltungen sollen ja der letzte Schrei sein. Also Essen mit Fremden, ich weiß ja nicht. Ich mag es nicht, wenn ich eingepfercht zwischen fremden Menschen sitzen und auf Teufel komm raus Konversation betreiben muss. Als Lisa und Maria eintreffen, hebt sich meine Stimmung etwas. Jetzt kann ich wenigstens so tun, als würde ich nur mit den beiden Abendbrot essen. Supper Club, du und ich, wir werden keine Freunde. Der Laden ist aber sehr nett eingerichtet, viel DIY, sehr geschmackvoll. Leider ist es so dunkel hier, dass ich die Leckereien auf dem riesigen Tafel gar nicht richtig sehen kann. Macht aber nichts, die werden nämlich ausführlich erklärt.

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Wie würdest du die Menschen im Restaurant beschreiben?

Hier sind glaube ich alle befreundet. Lisa kennt hier jeden und ich nicht. Irgendwie scheine ich heute auch ne generelle Quatsch-mich-nicht-an-Stimmung zu verbreiten, davon lassen sich aber die wenigsten abschrecken und schon bald sitzt und mümmelt man in illustrer Runde gemeinsam am Tisch. Nur so richtig warm werde ich mit dem Konzept trotzdem nicht. Irgendwann bin ich sogar von dem kreischenden Baby genervt, naja oder eher von den überambitionierten Eltern, die das Kind zwar jede Viertelstunde stillen, aber nicht auf die Idee kommen, dass eine laute Bar um 11 Uhr abends vielleicht nicht so der perfekte Ort für ein Baby ist. Sind wir heute bissig? Wir sind heute bissig. Miau.

Mit wem würdest du definitiv nicht hierher kommen?

Mit soziophoben Menschen wie mir heute.

Worüber habt ihr gesprochen?

Über Mädchenkram, denn Lisa ist ja mit dabei. Manchmal muss man einfach mit den Girls quatschen, sein Herz ausschütten und träumen, jammern, loben, lieben und Seele streicheln. Also reden wir bis spät in die Nacht über die Dinge, die und bewegen und berühren. Ach ja, und über die Kunst der Wurstherstellung, die macht Larsiii nämlich selbst und davon können Lisa und ich als Vegetarier ja nur träumen. Deswegen lassen wir uns alles sehr ausführlich erklären (Aufs Mischungsverhältnis kommt es an! Würze! Olé!).

Was hast du Neues über Maria gelernt?

Aus meiner Hand geklauter Moscow Mule macht aus einer grantigen Maria eine müde Maria. Kuchen essen kann sie aber auch im Halbschlaf.

Das Beste an diesem Essen...

Der Moscow Mule, der Bohnensalat und die intimen (hihi) Gespräche mit Maria und Lisa.

Möchtest du noch etwas sagen?

Three is a magic number. Lisi, wir lieben dich!

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Gestern waren Maria und Sophia im Themroc. Alle Folgen 40 DAYS OF EATING gibt es hier.

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Location: Das List, Weichselstraße 66, 12043 Berlin

Fotos: Elisabeth Rank

Text: Maria und Sophia Giesecke

Titelfoto: Franziska Taffelt

Artwork: Frau Grau

Produktion: Mit Vergnügen

(Ja, "40 Days of Eating" ist eine Adaption von "40 Days of Dating".)

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