40 DAYS OF EATING #19 – Osmans Töchter

© Mit Vergnügen

Heute bekommen Maria & Sophie die Kunst des stilvollen Trinkens erklärt. Und den Kaffeesatz gelesen. Und die Bäuche voll.


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Maria, erzähl uns von deinem Tag.

Nachdem ich ein wenig gequengelt habe, dass ich immer so viele (unniedliche) Tiere essen muss, gab es in den letzten zwei Tagen ein vegetarisches bzw. sogar veganes Alternativprogramm, für das ich auch sehr dankbar war. Heute gehen wir aber wieder in die Vollen, nämlich türkisch dinnieren - keinen Döner, keinen Italo-Türken, nein, wir gehen so richtig echt und fein und super türkisch essen. Als ich den Laden betrete, werde ich von einer wunderschönen Frau begrüßt. Ich verfange mich sofort mit meinen Augen in ihren Haaren und lasse sie den ganzen Abend nicht mehr los. Ihre Schönheit reißt mich so dermaßen vom Hocker, dass ich den ersten Teil des Abends nur auf meine Füße starre und albern kichere.

Wo habt ihr heute gegessen?

Bei Osmans Töchtern im Prenzlauer Berg.

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Was hast du bestellt und wie hat das geschmeckt?

Arzu, die Schöne, bringt uns eine bunte Vorspeisenplatte. Ich kann das Essen leider nicht sehen, weil ich nur verlegen auf meine Füße schaue, aber es schmeckt unfassbar gut. Nachdem wir die Vorspeisenplatte komplett weggeputzt haben, gibt es eine Ansammlung der von ihr empfohlenen Hauptgänge in etwas kleinerer Form als gewohnt, damit wir mehr probieren können. KLEIN? Der Tisch biegt sich unter dem Gewicht der üppig gefüllten Teller und mein Bauchnabel ploppt nach außen, nachdem wir mit dem Essen fertig sind. Aber es ist lieb, dass sie wenigstens versucht hat, auf uns Rücksicht zu nehmen. Nur: Unsere Bäuche kennen keine Rücksicht. Könnte ihnen vielleicht auch mal jemand erklären. Aber ich kann nicht mehr reden, ich muss verdauen.

Wie ist der Service?

Ähm...hihihihihihi gnihihihihihih... süß. Auch Ali hat das ganz toll gemacht und den Unterhaltungswert des Abends nach oben gepeitscht.

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Was gefällt dir an dem Laden besonders, was nicht?

Das Licht ist angenehm, die Einrichtung gemütlich. Da in türkischen Familien die täglichen Mahlzeiten dazu dienen, Familienbande zu festigen und gesellig beieinander zu sitzen, ist auch dieses Restaurant so eingerichtet, dass einem das leichter fällt. Die Küche ist offen, an den Wänden hängen Familienfotos und sobald man das Restaurant betritt, ist man Teil des Klans und bekommt am Ende noch den Kaffeesatz gelesen.

Wie würdest du die Menschen im Restaurant beschreiben?

Prenzlauer Berg.

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Mit wem würdest du definitiv nicht hierher kommen?

Ich verstehe die Frage nicht.

Worüber habt ihr gesprochen?

Über die türkische Esskultur sowie über die Schwierigkeit, einen guten türkischen Koch in Berlin zu finden. Diese können hier nämlich nur Döner oder Italienisch. Die Köche bei Osmans Töchtern beherrschen jedoch die traditionelle türkische Küche, die stark durch das ehemalige Osmanische Reich mit all seinen Facetten geprägt ist. Und Arzu hat uns das Saufen beigebracht.

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Was hast du Neues über Sophia gelernt?

Sie glaubt eigentlich nicht an esoterisches Klimbim, lässt sich aber doch aus dem Kaffeesatz lesen. Man sieht nur leider nicht so viel. Liegt wohl an der Einstellung, junge Dame!

Das Beste an diesem Essen...

Die Gesellschaft.

Möchtest du noch etwas sagen?

Ich glaube, ich reibe mir nun einfach versonnen den Bauch und hoffe, dass kein Geist durch meinen Bauchnabel aufsteigt, der mir die Zukunft voraussagen möchte. Ich weiß nämlich schon, was die nächsten 21 Tage lang passiert.


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Sophia, erzähl uns von deinem Tag.

Es ist so verdammt kalt! So verdammt kalt! Der Wind peitscht mir erbarmunglos ins Gesicht, als ich mit einem Freund durch die Straßen ziehe. Ich versuche einen Schokoriegel zu essen, der aber sofort gefriert und zu einem Lutscheis wird. Der Schokoriegel, nicht der Freund. Wieso musste ich gerade heute ein Sommerkleid anziehen? Weil es thematisch zum Restaurant passt?! Super Sophia, da hast du ja wieder richtig gut mitgedacht. Dank Arschloch-Straßenbahn laufe ich also zum heutigen Dinner Spot und bin halb erfroren, als ich schließlich dort eintreffe. Wenigstens passt mein Outfit zur Inneneinrichtung.

Wo habt ihr heute gegessen?

Wir haben Osmans Töchter im Prenzlauer Berg besucht.

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Was hast du bestellt und wie hat das geschmeckt?

Hier versteht man uns: "Wir machen die Portionen heute etwas kleiner, dann könnt ihr viele verschiedene Sachen probieren." YEAH! Die Vorspeisen sind alle sehr gut. Okay, das sagt man ja leicht mal, wir ja auch des öfteren. Aber die sind wirklich gut! Neben Oliven und Käsecreme gibt es auch hauseigene Kreationen wie Börek mit Auberginenfüllung. Ich möchte auch das selbstgebackene Brot nicht unerwähnt lassen oder die scharfe Paste und und und... Bereits nach der Vorspeise sind wir komplett groggy trotz der "kleinen Portionen" (jaja), aber auch sehr gespannt auf die Hauptgerichte. Als vegetarisches Gericht bekomme ich eine gefüllte Aubergine gereicht. Mit Käse. Ich liebe Auberginen, ich liebe Käse, mehr muss ich dazu wohl nicht sagen. Der Nachtisch ist typisch für türkische Nachspeisen so verdammt süß, dass sich mein Gesicht wie unter Vakuum zusammenzieht, und obwohl ich Süßes eher mäßig zu mir nehme, kann ich nicht aufhören diese Gries-Zucker-Bombe in mich rein zu schaufeln.

Wie ist der Service?

Chefin Arzu erklärt uns, dass Gastfreundschaft in der Türkei sehr groß geschrieben wird. Ständig kommt jemand und fragt, ob wir noch etwas brauchen, selten wurden wir so freundlich und aufmerksam betreut. Kellner Ali ist eigentlich Koch hier im Restaurant, übernimmt aber ab jetzt auch Serviceschichten. Wir sind sozusagen seine Versuchskaninchen. Er macht das aber ganz toll. Ich kenne Arzu bereit seit einige Jahren, trotzdem habe ich es noch nie in ihr Restaurant geschafft. Dafür würde ich mich jetzt selbst ohrfeigen, wenn ich mich noch bewegen könnte.

Was gefällt dir an dem Laden besonders, was nicht?

Ich mag die Kombination aus klassischen Details wie der Kühltruhe mit den Pasten sowie den typischen Wandteppichen und der modernen Einrichtung. Trotzdem passt hier irgendwie alles gut zusammen und lässt eine ausgeprägte Liebe zum Detail erkennen. Arzu zeigt uns die Fotowand mit alten Familienbildern. Die hat man damals in den 70ern für die Familie in der Türkei gemacht, um den Verwandten zu zeigen, wie gut es einem hier geht. Sie weiß zu jedem Foto etwas zu berichten und wir loben die türkisfarbenen Schlaghosen.

Wie würdest du die Menschen in dem Restaurant beschreiben?

Ganz normales Prenzlauer Berg Publikum. Einige Türken, aber heute ist nicht so viel los, da es verdammt noch mal arschkalt draußen ist. Ich frage mich wirklich, ob im Winter alle Restaurants aussterben, die nicht direkt in ein Youth Hostel gebaut wurden.

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Mit wem würdest du definitiv nicht hierher kommen?

Hier passt irgendwie jeder rein.

Worüber habt ihr gesprochen?

"Habt ihr schon mal Raki getrunken?" Wir verneinen, was nur ein bisschen geschummelt ist. Arzu erklärt uns die türkische Raki-Trinkkultur. Und da ich, während ich dies hier aufschreibe, immer noch ein wenig beschwipst bin, erkläre ich euch mal, wie der Hase trinkt: Die Jüngsten am Tisch schenken ein, erst ein wenig Raki, dann Wasser und erst zum Schluss kommt das Eis! Nicht vertauschen, sonst ist alles versaut. Getrunken wird erst, wenn die älteste Person am Tisch soweit ist. Mit 'nem lauten "şerefe" wird genau einmal zugeprostet, das reicht. Nach dem Essen liest Arzu aus unserem Kaffeesatz. Bei mir gibt es leider nicht so viel zu sehen, aber Marias Tasse ist hochgradig spannend.

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Was hast du Neues über Maria gelernt?

Maria bekommt sehr bald ein Geschenk und der Teufel steckt im Detail.

Das Beste an diesem Essen...

Alles. Echt.

Möchtest du noch etwas sagen?

Mein Körper will Winterschlaf, muss aber jeden Abend auf die Suche nach Futter gehen. Das zerrt am Nervenkostüm und auch wenn das bedeutet, dass wir immer nette Leute kennen lernen, so bin ich langsam auch mal froh, wenn alles vorbei ist. Ja okay, eigentlich ist alles total toll und ich bin ein verdammter Glückspilz, dass ich das hier alles erleben darf.


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Gestern waren die beiden im Let it be. Alle Folgen 40 DAYS OF EATING gibt es hier.
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Location: Osmans Töchter, Pappelallee 15, 10437 Berlin

Fotos: Carolin Weinkopf

Text: Maria und Sophia Giesecke

Anfragen: [email protected]

Titelfoto: Franziska Taffelt

Logo & Artwork: Frau Grau

Produktion: Mit Vergnügen

(Ja, "40 Days of Eating" ist eine Adaption von "40 Days of Dating".)

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