Mittwoch, 02.04. Digitale Renaissance: Lesung und Diskussion – Microsoft

Mit den Möglichkeiten des Internets und seinen Antennen in unseren Taschen wurde unser Alltag prinzipiell bequemer. Dankbar sollten wir sein und beginnen doch die unendlichen Optionen zu verweigern, verkreuzen die Arme – vor der Brust, vor dem Mann, der sich extra für uns ach so unwiderstehlich in Pose gestellt hat. Kreuz statt Herz. Die simple Mechanik der Dating-App-Kinder verweigert dem Proll eine zweite Chance und mir ein "Vielleicht ja später". Erst ein befremdliches Menü, dann irgendwie gut, weil einfach, dann doch irgendwie schauderhaft. So reduziert soll Kennenlernen nicht ablaufen. Wir wollen‘s einfacher haben, aber nicht auf Kosten der Romantik. Martin Burckhardt will in seinem neuen Buch „Digitale Renaissance" „eine Psychopathologie unserer Gemeinwesen vornehmen. Denn nur dort, wo wir die Abgründigkeit unserer Gegenwart sehen, werden wir die Freiräume erkennen, die uns eine neue Welt denken lassen.“ Vielleicht muss die neue Welt aber nicht neuer und einfacher werden sondern wieder ein bisschen geduldiger. Aber wie dem auch sei.

Martin Burckhardt hat sich Gedanken gemacht zu dem, durch die digitalen Medien hervorgerufenen, gesellschaftlichen Wandel, zu Beziehungen („Da wir in Fernbeziehungen leben und der Tastendruck unseres Fingers einen Menschen am anderen Ende der Welt in Mitleidenschaft ziehen kann, ist auch die Ferne ein Modus der Nähe“), zum Staat („Der Nationalstaat ist Geschichte“), zur Ökonomie („Die Logik des Upgrades aber basiert darauf, dass man das Scheitern erlernt. Dies ist das Wesen der Digitalisierung: Zerstörung, mit dem Ziel, das Objekt in umso grandioserer Form wiederauferstehen zu lassen“) und zur Arbeit („Da wir uns selbst produzieren, stellt die Vervollkommnung der sozialen Plastik das Ziel unserer Bemühungen dar.“). Viel Copy-Paste, aber das soll ja eine gesunde Widerstandsaktion sein, weil wir ohnehin nicht mehr das eigene Leben führen, sondern das der Anderen, heißt es bei Digitale Renaissance. Den sich vollziehenden Wandel greift der Dirigent Burckhardt konsequent in der Methodik der Buchproduktion auf. Die Gedanken sind nicht ausschließlich die seinigen, sondern die der Gesellschaft. Digitale Renaissance entstand in einem kollaborativen Schreibprozess; Social Writing nennt man das. Im kollaborativen Modus des Kommentierens, Hinterfragens und Ergänzens entstand in den letzten Monaten ein browserbasiertes „enhanced E-Book“ von Digitale Renaissance. Am 17.März war aber Deadline. Die user co-generated Printausgabe erscheint dann im Mai. Diverse Audiofiles und Youtube-Videos, mit denen jetzt noch online das Lesevergnügen erweitert wird, werden dann wohl maximal noch als Link oder QR-Code integriert sein.

DigitaleRenaissance

Digitale Renaissance ist nicht Martin Burckhardts erstes Spiel mit dem, was ist und scheint. Schon in seinem Online-Agentengame TwinKomplex hat der selbsternannte „elektrische Autor“ die Weltereignisse überlagern, die User Agenten werden lassen. Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer von Ludic Philosophy lehrt Burckhardt an der Hochschule der Künste, der Humboldt-Universität Berlin und an der FU Berlin und veröffentlichte Bücher wie „Metamorphosen von Raum und Zeit: Eine Geschichte der Wahrnehmung" (Campus).

„Digitale Renaissance. Manifest für eine neue Welt“ erscheint im Mai 2014 beim Metrolit Verlag, seit Februar ist das eBook erhältlich. Am 2. April 2014 liest Martin Burckhardt aus dem Manifest und diskutiert danach mit dem Journalisten Sven Oswald und dem Publikum über die digitale Zukunft.

Einlass: 18.00 Uhr, Beginn: 18:30 Uhr.
Der Eintritt ist frei.
Um Anmeldung wird gebeten unter: www.microsoft.de/politik oder per Mail an: [email protected].

Zurück zur Startseite