Mittwoch, 13.11. Die höchste Eisenbahn – Im Plattenladen

Was passiert, wenn sich ganz aus dem Nichts auf einmal Supergroups bilden? Boybands als Fusion verschiedenster typisch deutscher Indiebands, die man allesamt laut über schlechte Kopfhörer hörte, als man nachts betrunken, ein bisschen alleine und ein bisschen wütend nach Hause irrte und eigentlich gar nicht ankommen wollte. Was dann passiert, lässt sich jetzt beobachten bei Die höchste Eisenbahn, ihres Zeichens genau solch eine Gruppe. Sie besteht aus den Herren Francesco Wilking (Tele), Moritz Krämer, Felix Weigt  (Kid Kopphausen, Spaceman Spiff, u.a.) und Max Schröder (Tomte, Der Hund Marie, u.a.). Letzen Freitag ist das Debut Schau in den Lauf Hase erschienen. Wir haben reingehört.

Das erste Lied 'Egal, wohin' beginnt mit einer Stimme, welche aus Anrufen bekannt ist, die man immer sofort wegdrückt. Mechanische Sprachausgabe, ein bisschen klingt's nach einer Frauenstimme, mehr aber nach einer Maschine, die kein ö aussprechen kann. Man solle doch jetzt seine Kontoverbindung angeben, damit man seinen Millionengewinn überwiesen bekommen kann. Die Chance sei einmalig und drei Ferraris gibt es auch noch oben drauf. Will ich nicht, danke. Tschüss.
Bei der höchsten Eisenbahn ist das anders. Man drückt nicht weg und legt auch nicht auf, sondern man wartet ab, was nun passiert. Es folgt eine wilde Bahnfahrt auf ganz klapprigen Gleisen durch verschiedenste musikalische Gefilde und Geschichten. Poppige Synthies paaren sich da mit den typischen Gitarrensounds, mit denen die meisten Mitglieder dieser Kapelle berühmt geworden sind. Hin und wieder ist da ein programmiertes Schlagzeug, doch immer wieder geht's zurück zum Altbekannten und Bewährten. Dann gibt es Streicher und Klavier und das Rumtreiben endet in einer Ballade. Das wird dann manchmal kitschig, soll es aber auch sein. Schnulzig ist ja nicht schlimm, muss halt gut sein.

In ihrer Gesamtheit wirken die Songs daher ein bisschen wie eine Patchworkfamilie. Die einzelnen Songs sind sehr verschieden und lassen das Gesamtkonzept der Band sehr breit gefächert erscheinen. Das ist aber auch kein Wunder bei vier Vätern. Jeder hat seine Pappenheimer dabeigehabt und alle haben überall ein bisschen die Finger im Spiel.

Dieses Familiending scheint auch ein bisschen durch, wenn man das Schaffen der Einzelnen näher betrachtet. Alle vier sind schon lange im Geschäft, sind inzwischen wie schon gesagt richtige Papis geworden. Die höchste Eisenbahn ist da so ein bisschen Hobby nebenbei, ganz und gar Nebenprojekt neben der jungen Familie und dem anderen Kram. Man hat es sich ein bisschen gemütlich gemacht und ist erstmal angekommen. Vielleicht kommen die Songs deshalb so gesetzt und entspannt daher und so wirklich ernst ist es einem damit auch nicht.

Hört man ein bisschen hin, was so erzählt wird, findet man an der einen oder anderen Stelle ein bisschen Groll auf das, was man da so hat. Es geht echt alles gut und das Leben ist voll schön, aber manchmal ist doch alles ein bisschen langweilig geworden und ganz schön normal. Alle Plätze sind immer reserviert und die Menschen drumherum haben ja so ein 'schneeweißes Smartphonelächeln'. Der Plan mit der Ruhe auf dem Land hat auch nur semi geklappt und manchmal nervt dieser Bioperfektionismus so sehr. Man ist dagegen gewesen und auf einmal merkt man, dass man jetzt gegen das Dagegen ist.

Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb sind auf 'Schau in den Lauf, Hase' am Ende 13 wunderbare Songs gelandet, bei denen es großen Spaß macht zuzuhören. Denn die Geschichten, die sie erzählen, sind von der Art, bei der man immer wieder denkt: "Ja man! Genauso ist das!" Die wunderbaren Stimmen und Texte von Wilking, Krämer und den anderen drücken immer noch so konkret das aus, was oft so schwer auszudrücken ist und machen die Platte deshalb ganz und gar großartig. Und auch wenn sich die Umstände vielleicht verändert haben, geben sie allesamt ganz deutlich zu erkennen, dass Musik für alle Mitglieder der höchsten Eisenbahn eine unglaublich wichtige Rolle spielt. Das ist ja am Ende immer das Wichtigste.

Zurück zur Startseite