Mehr Brot für Vegetarier.

© Matze Hielscher

Ich war zu einem Dinner eingeladen. Vorher wurde ordentlich per Mail gefragt, ob man Vegetarier sei. Bei dieser Frage kreuze ich seit 8 Jahren "Ja" an. Im Restaurant, in das wir geladen sind, ist alles schön und edel, die Bedienung zuvorkommend. Die Gäste werden an verschiedene Tische verteilt. An meinem bin ich der einzige Vegetarier, wie sich schnell herausstellt. Die Herren um mich fragen nach dem Grund, finden gut, was ich ihnen erkläre, können sich aber nicht vorstellen gänzlich auf Fleisch zu verzichten. Diese Gespräche kenne ich. Für mich sind sie wie Gespräche über das Wetter. Ich bin kein Typ, der dann erklärt, dass Fleischkonsum ganz schlimm und unverantwortlich ist. Für mich fühlt es sich einfach nicht richtig an Tiere zu essen, aber ich will niemanden belehren.

Der erste Gang kommt, dann zweite Gang und dann der Hauptgang. Am Tisch werden Enten verteilt. Eine Minute warten die höflichen Mitesser darauf, dass ich auch etwas bekomme. Dann bitte ich sie, doch schon mal anzufangen. Soll ja nicht kalt werden, die Ente. Nach fünf Minuten fragt mein netter Tischnachbar für mich nach, wo denn mein Essen bleibt. "Kommt gleich." Als die Ersten schon ihre Servietten auf den Teller legen, frage ich auch noch mal: "Sofort." Und dann kommen zwei schön angeordnete Tofuscheiben mit etwas Salat auf einem riesigen Teller. Das Ensemble schmeckt genauso, wie ihr euch das jetzt vorstellt. Nämlich: Nicht. Die Tofuscheiben haben im Leben noch kein Gewürz gesehen, was aber gar nicht so schlimm ist, weil es wirklich sehr kleine Scheiben sind.

Anderes Restaurant, ein paar Monate vorher. Wieder ein großes Dinner. Ich sage der Bedienung, dass ich Vegetarier bin. Sie schaut mich mit großen Augen an. "Da muss ich mal nachschauen." Hundert Leute sind geladen, an Vegetarier hat niemand gedacht. "Essen Sie Fisch?" Nope. Mmmmh. Ich biete der Bedienung an, dass ich mir draußen schnell ein paar Pommes hole. Für mich ernsthaft kein Problem. Sie hat eine bessere Idee: Ich bekomme Kartoffelbrei, der zumindest satt gemacht.

Ich schreibe hier nicht von Dingen, die kurz nach Mauerfall in Neustrelitz passiert sind. Wir schreiben Berlin im Jahr 2013. Die offene Welthauptstadt. Klar gibt es viele vegane Restaurants und Bioläden, doch bei manchen Gastromenschen scheint Vegetarismus noch überhaupt nicht angekommen zu sein. Woran liegt das? Man hört ja, dass Köche immer sehr viel arbeiten und sehr wenig schlafen. Bekommen sie einfach nicht mit, dass es uns Vegetarier inzwischen wirklich gibt? Was können wir tun? Sollen wir laminierte Anleitungen zum Tofu braten und würzen immer bei uns tragen? Es gibt ja Menschen, die uns Vegetarier nicht verstehen und manche arbeiten leider in Küchen. Ich fänd es viel einfacher für uns alle, wenn Restaurants dazu stehen, dass sie mit uns nicht können und keinen Bock drauf haben, Tofu zu würzen. Mich lädt auch niemand zum Fussball ein, weil alle wissen, dass ich damit nichts anfangen kann. Das stört weder mich, noch den Fussball. Fleischaner sollten ähnlich handeln und gar nicht erst vegetarische Varianten anbieten. Wenn sie gut gelaunt sind, dann könnten sie uns ein paar Scheiben Brot bereithalten - die bekommen wir wenigstens vor dem Hauptgang.

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