Die beste Eisdiele der Saison – Cuore di Vetro

© Matze Hielscher

Angelika Kaswalder (28) und Guido Dorigo (30) tragen beide meistens Schwarz, auch im Sommer, auch bei Hitze. Man merkt das erst, wenn man genauer hinschaut. Dass sie eigentlich aussehen, wie Musiker und nicht wie klassische Eisverkäufer. Es gibt keine bunten Schürzen oder Mützchen mit Schriftzügen darauf, aber es gibt jedes Mal ein breites Grinsen zur Begrüßung, wenn man über die kleine Schwelle des "Cuore di Vetro" tritt und der Blick sofort auf die 400kg schwere Vitrine mit den Eisbehältern aus Alu fällt. Darin windet sich das Eis in geschlungenen Kurven, pastellfarben und wie modelliert. Dabei kann man manchmal sehen, wie das Eis langsam aus der Eismaschine gedrückt wird und Angelica dann mit einem Spachtel etwas nachhilft, dann plumpst es genau so in den Behälter, wie es dann da steht, keine Modellage, kein Make Up, es sieht einfach schön aus.

Und es schmeckt wahnsinnig gut, es legt sich cremig auf die Zunge und schmilzt dann an den Rändern sanft weg, es ist nicht zu süß und bei manchen Sorten kommt eine andere Nuance erst nach einer Weile im Mund hervor, man sollte nie zu schnell schlucken, man sollte das Eis von Cuore di Vetro nicht schlingen, man darf es ruhig einen Moment im Mund behalten wie einen guten Wein. Muss man aber auch nicht. "Das Geheimnis des Geschmacks ist eigentlich keines", sagt Angelika und geht in das "Herz aus Glas", den kleinen, mit großen Glasscheiben vom Verkaufsraum abgetrennten Produktionsort, wo die Eismaschine steht und die Kühlschränke. Jeder kann hinein- und zuschauen, wie sie dort steht und jeden Tag Unmengen Obst schält und schneidet, auspresst und zu Püree verarbeitet, das neben dem pasteurisierten Sirup die Grundlage für das Eis bildet.

"Alle sollen sehen, woher es kommt" sagt Guido und stapelt Milchkartons in den Kühlschrank, "Das ist doch das Schöne, dass man sehen kann, wie Eis gemacht wird und warum es so schmeckt, wie es schmeckt". Beide sprechen gebrochenes Deutsch, manchmal erklären sie etwas auf Englisch. Sie sind seit zwei Jahren in Berlin. Die Situation Italiens ist schwierig, ihre Jobs haben sie dort verloren, "alle kämpfen gerade" sagt Angelica. Seit Mai gibt es das Cuore di Vetro, vorher hat das junge Ehepaar in Berlin mit Büro- und Gastronomiejobs Geld verdient. Vor einem Jahr haben sie beschlossen, einen Eisladen zu eröffnen, dann heirateten sie im September und sahen sich nebenbei nach geeigneten Orten um. Den ganzen März wurde in der Max-Beer-Straße 33 gestrichen und geschuftet, vieles ist selbst gemacht.

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Die Lust am Selbermachen war es auch, die sie dazu bewogen hat, Eis zu machen. "Eis und Essen allgemein hat etwas mit Genuss zu tun und mit Kunst. Genuss ist etwas Soziales, Essen ist viel schöner, wenn man es mit anderen gemeinsam tut, das gefällt uns" sagt Angelika, während sie Pampelmusen für unser Basilikum-Pampelmusen-Eis auspresst. Im Hintergrund läuft The Cure, draußen sind schon jetzt am Vormittag 32° im Schatten, im Laden ist es angenehm kühl, die Kühlschränke summen leise vor sich hin. "Bei einer sehr bekannten Eisdiele namens Cremeria Milano haben wir das Eis machen gelernt. Der Meister hat uns einfach in seine Rezepte schauen lassen, er möchte weitergeben, was er liebt" erklärt Guido mit einem breiten Grinsen. Und jetzt liegen sie da in einem roten Ordner, die Rezepte und Zusammensetzungen der verschiedenen Sorten. Wie viel selbst gemachter Sirup, wie viel Saft, wie viel Wasser, Dextrose, Sacharose, das kann man nicht alles genau aus dem Kopf wissen, aber vieles können sie mittlerweile auswendig.

Wir gießen zwei Liter Pampelmusensaft zu dem Sirup in die Eismaschine, dazu ein wenig von dem Basilikum-Konzentrat, das wir vorher hergestellt haben, dann warten wir. Sie verzichten auf künstliche Zusatzstoffe, es gibt keine Marmeladen oder Aromen, jede Sorte wird aus frischen Zutaten hergestellt, das Obst kommt vom Maybachufer, ihre Lieblingsmilch wird direkt in den Laden geliefert, das Basilikum baut Angelika im Schaufenster an. Die kleinen bunten Plastiklöffelchen auf dem Tresen glänzen, wenn die Sonne herein scheint, am Nachmittag ist Schatten auf der Seite der Max-Beer-Straße, gegenüber stehen kleine Kinder am Zaun der Kita und schauen schüchtern herüber. Sobald sie im Laden sind, erkunden sie ihn, klettern die drei kleinen Stufen hinab und stehen dann vor der großen Glasscheibe, hinter der Angelica werkelt, hinter der alles passiert, das ist ein bisschen wie in Willy Wonkas Schokoladenfabrik und wenn dann das "Extra Dark"-Schokoladeneis aus der Maschine kommt, patschen schon mal verklebte Kinderhände ans Glas. Ein bisschen Zauberei ist doch dabei, eine Prise Irgendwas, das man nicht benennen kann, aber schmeckt.

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